An den Notfall denken
von Klaus Schmidt
VORSORGE - Die rechtliche Betreuung und medizinische Versorgung sollte rechtzeitig und selbstbestimmt geregelt sein. Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung bieten Alternativen zur gesetzlichen Regelung.
Testament reicht oft nicht aus
Der 57-Jährige stand mitten im Leben. Als weitsichtiger Unternehmer hatte er selbst für den Fall seines Todes vorgesorgt und durch ein Testament die Angelegenheiten in seinem Sinne bestimmt. „Alles geregelt,“ dachte er – bis ein schwerer Schlaganfall von einem Moment auf den anderen alles änderte. Denn seine Annahme, dass seine Ehefrau in einem solchen Fall für ihn in die Bresche springen kann, war falsch.
„Angehörige, selbst Ehegatten oder Kinder, können nicht automatisch rechtsverbindliche Erklärungen für jemanden abgeben, der durch einen Unfall oder eine Krankheit nicht mehr für sich selbst entscheiden kann,“ klärt
Ute Maulick auf. Die Oldenburger Dipl.-Sozialarbeiterin vom
Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) ist Expertin in Sachen Betreuung: Sie ist immer dann gefragt, wenn im Rahmen der gesetzlichen Betreuung oder der individuellen Möglichkeit von Vorsorge Informations- und Beratungsbedarf besteht. „Denn im Zweifel darf die Ehefrau nicht einmal die Post ihres Mannes öffnen. Schließlich ist das Briefgeheimnis im Grundgesetz verankert,“ bestätigt der Sozialpädagoge
Eric Thormählen von der Betreuungsstelle der Stadt Oldenburg.
Familienangehörige nicht automatisch Betreuer
Die Betreuungsstelle der Stadt wird in solchen Fällen vom Betreuungsgericht angesprochen und hilft dabei, einen passenden Betreuer zu finden. „Natürlich untersuchen wir, ob ein Familienangehöriger diese Aufgabe übernehmen kann“, betont Thormählen. „In unserer Stellungnahme an das Gericht klären wir aber auch, ob ein anderer ehrenamtlicher Betreuer besser geeignet wäre, oder ob sich bei besonders komplexen Fällen nicht sogar ein Berufsbetreuer empfiehlt“.
Vollmacht setzt Vertrauen voraus
Anders sieht es aus, wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt. „Wer eine solche Erklärung abgegeben hat, kann sicher sein, dass die darin genannte Person automatisch alle in dem Dokument festgelegten Entscheidungen treffen darf“, erklärt Thormählen. Eine Vollmacht sollte an bestimmte Bereiche gebunden sein, etwa an Vermögensverwaltung, Gesundheit, Rechtsangelegenheiten, rät er. Auch sei es sinnvoll, einen Ersatzbevollmächtigten zu benennen. Die Vorsorgevollmacht sei aber nur empfehlenswert, wenn der Bevollmächtigte das absolute Vertrauen des Vollmachtgebers besitzt, finden Ute Maulick und Eric Thormählen: Im Gegensatz zur gesetzlichen Betreuung gebe es nämlich keine Kontrolle der Handlungen durch das Betreuungsgericht.
Verfügungen für den Notfall
Jemandem, der keine Vertrauensperson hat, der aber trotzdem festlegen möchte, was im Falle der eigenen Hilflosigkeit passieren soll, dem empfiehlt Ute Maulick die Betreuungsverfügung: „Hier wird im Vorfeld festgelegt, was ein gerichtlich bestellter Betreuer zu beachten hat“. Der sei dann gesetzlich verpflichtet, diese Verfügungen zu beachten.“ Ausnahme: Sie schaden dem Aussteller selbst. Kontrolliert wird der an die Verfügung gebundene Betreuer vom Betreuungsgericht.
Vorsorge für medizinsche Entscheidungen
Eine Vorsorge, die nur den medizinischen Bereich betrifft, ist die Patientenverfügung. Damit kann im Vorfeld für den Fall der eigenen Hilflosigkeit individuell geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen Ärzte nicht mehr alle medizinischen Möglichkeiten ausschöpfen, sondern sich auf Schmerzlinderung beschränken sollen. Eric Thormählen empfiehlt, die Vordrucke für eine Patientenverfügung persönlich zu ergänzen und sich dafür auf jeden Fall mit Ärzten zu beraten. Auch das Gespräch mit vertrauten Personen mache vor dem Ausfüllen einer Patientenverfügung Sinn.
Dokumente hinterlegen
Ob Vorsorgevollmacht, Vorsorgeverfügung oder Patientenverfügung: Wer sie ausstellt, sollte sie nicht nur zur eigenen Akte hinzufügen, sondern auch bei Angehörigen bekanntgeben und beim Betreuungsgericht oder bei der Bundesnotarkammer hinterlegen. „Dann ist sichergestellt, dass im Notfall das Betreuungsgericht sofort informiert ist und nicht erst Recherchen anstellen muss, erklärt Eric Thormählen. Entsprechende Formulare und auch Hilfestellung gibt es sowohl bei Betreuungsstelle der Stadt Oldenburg als auch beim Betreuungsverein des SkF.
Die Kontakte:
Betreuungsstelle der Stadt Oldenburg, Sozialamt, Stau 73, 26122 Oldenburg, Telefon 0441 235-2503, Fax 0441 235-3206, Mail: betreuungsstelle@stadt-oldenburg.de
Betreuungsverein des SkF - Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Oldenburg, Georgstraße 2, 26121 Oldenburg, Telefon 0441 25024, Fax 0441 2488153. Mail: info@skf-oldenburg.de
(Quelle:
Nordwest-Zeitung, Oldenburg - 13. Mai 2014)